Die Erforschung des Selbst ist untrennbar verknüpft mit der Entfaltung des Lebens. Die natürlichen Aufs und Abs im Leben können sowohl persönliches Wachstum bewirken als auch persönliche Ängste erzeugen. Was von den beiden dominiert, hängt ausschließlich von unserer Einstellung gegenüber Veränderungen ab. Veränderungen können ebenso gut als begeisternd wie auch beängstigend wahrgenommen werden; doch egal wie wir sie erfahren, müssen wir uns dennoch der Tatsache beugen, dass Veränderung die Natur des Lebens ist. Wer viel Angst hat, wird Veränderungen nicht mögen. Er wird versuchen, um sich herum eine Welt zu erschaffen, die vorherbar, kontrollierbar und überschaubar ist. Er wird versuchen, um sich herum eine Welt zu erschaffen, die seine Ängste nicht provoziert. Die Angst spürt sich selbst nicht gern; tatsächlich hat sie Angst vor sich selbst. Also bedient man sich des Verstandes, um das Leben so zu manipulieren, dass man keine Angst verspüren muss.
Die Menschen begreifen nicht, dass die Angst ein Objekt ist. Sie ist eines von vielen Objekten im Universum, die zu erleben wir fähig sind. Was die Angst betrifft, gibt es zwei Möglichkeiten: Man kann sie sich eingestehen und daran arbeiten, sie freizugeben, oder man kann sie beibehalten und versuchen, sch vor ihr zu verstecken. Da die Menschen nicht objektiv mt ihrer Angst umgehen, verstehen sie diese nicht. Letztendlich behalten sie ihre Angst bei sich und versuchen, bestimmten Erlebnissen, die die Angst wieder hervorlocken würden, aus dem Weg zu gehen. Sie versuchen, in ihrem Leben Sicherheit und Kontrolle zu erschaffen, indem sie genau definieren, wie das Leben für sie zu sein hat, damit es in Ordnung, damit es okay ist. Auf diese Weise wird die Welt beängstigend.
Das mag sich zwar nicht beängstigend anhören, sondern eher gefahrlos - das ist es aber nicht. Wer so vorgeht, für den wird die Welt tatsächlich bedrohlich. Es stellt sich eine "Ich gegen das Leben" - Situation ein. Wenn man Angst, Unsicherheit oder Schwachheit in sich birgt und zu verhindern versucht, dass diese Gefühle reaktiviert werden, wird es im Leben unweigerlich zu Ereignissen oder Veränderungen kommen, die sich diesen Bemühungen entgegenstellen. Da man Widerstand gegen die Veränderungen leistet, hat man das Gefühl, mit dem Leben zu ringen. Man hat das Gefühl, dass diese Person sich nicht verhält, wie sie sollte, und dass jenes Ereignis nicht so verläuft, wie man es gern hätte.

Michael A. Singer