Wenn wir unsere ständige Wachsamkeit aufgeben und uns entspannen, können unsere Tränen fließen. Sie machen uns weich, so dass wir unseren Widerstand aufgeben und unsere Verletzlichkeit zeigen können. Wir sind nur Menschen. Vielleicht ist unser Perfektionismus unsere Schwierigkeit. Wir haben gelernt, immer mehr Druck auszuüben - nicht nur auf uns selbst, sondern auch auf unsere Mitmenschen. "Ich muß besser sein", denken wir und packen das Leben noch härter an. Wir können die Erfahrung machen, dass der Tag wie durch ein Wunder sanft verläuft, wenn wir nicht mehr alles unter Kontrolle zu bringen versuchen. Was wir mit aller Macht in den Griff bekommen wollten, gelingt uns plötzlich leicht und natürlich - wenn wir nur loslassen. Das Leben ist manchmal voller Ironie. Wir sollten unsere Tränen nicht zurückhalten. Wir können darauf vertrauen, dass sie wichtig sind - vielleicht für einen anderen Menschen, vielleicht für uns selbst. Tränen rufen Mitgefühl hervor. Vielleicht besteht unsere Aufgabe heute darin, einen anderen Menschen Mitgefühl zu lehren.
(Aus: Jeden Tag ein neuer Anfang)